Brachland Braunschweig
- Cookie
- 16. Juni
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Aug.
Fakten
*internationaler Indikator des Fußballniveaus vergleichbar mit anderen Ligen
** Anzahl Spiele im laufenden Jahr / Anzahl Spiele insgesamt
Vorspiel
Auch die allerletzten Ligen tragen nun ihren Showdown aus. Somit ist es gerade spannend, was zu finden, wo es idealerweise noch um was geht. Deshalb sollte es mit Rautheim nach Schwichelde zum Abstiegsendspiel der Bezirksliga gehen. Gerade noch rechtzeitig vernahm ich: „Helmstedt zurückgezogen, Rautheim gerettet.“ Da erspähte ich das Spiel der Turner Frauen, vermeintlich gegen den Abstieg. Nichts wie hin zum Daumendrücken. Passt auch wie die Faust aufs Auge, weil ich zwei Tage zuvor mit FT-Ultra, Curre kräftig einen nehmen war. Außerdem ist es sowieso einer meiner Lieblingsgrounds. Mit dem Radel hin und kurz einen Blick in den Löwengarten, DEN Biergarten überhaupt in Braunschweig, geworfen. Und da vernahm ich es auch schon: Lautsprecherdurchsagen, Kindergeschrei, Lachen … Es fand ein Jugendturnier statt, offensichtlich ausschließlich mit Spielern der Turner. Dank ihrer tollen Jugendarbeit haben sie ja reichlich davon. So schlenderte ich daran vorbei und linste mal hier und mal da und erfreute mich an dem regen Treiben. Dann sah ich die Mädels schon, nämlich ganz hinten auf dem Platz. Ich muss zugeben, so weit bin ich bisher noch nicht vorgedrungen. Ich hatte noch Zeit und genoss das schöne Wetter etwas. Da sagte eine der Braun-Weißen Turnerinnen: „Wir können nicht mehr absteigen, da ... (?) in der nächsten Saison nicht mehr antreten wird.“ Im Netz konnte ich dazu nichts finden, aber die Frau schien Ahnung zu haben*. Das scheint mich ja heute irgendwie zu verfolgen. Aber ich nehme es von der positiven Seite. Es ist ja schon die zweite Braunschweiger Mannschaft, die sich so rettet. Auch nicht schlecht und nun umso entspannter. Zu den Turnern habe ich ja schon was geschrieben (vgl. 21. Oktober 2024).
Deshalb ein paar Worte zum Gast, Renshausen. Durch meine Art zu hoppen treibt es mich ja häufiger mit großem Vergnügen in kleine Nester. Aber Renshausen steht da mit 368 Einwohnern schon ganz schön weit oben auf meinem Nester-Ranking. Es liegt im Eichsfeld in der Nähe von Göttingen in Südniedersachsen. Im frühen Mittelalter war der Ort knapp ein halbes Fuder (=Wagenladung) Bier wert. Zumindest mussten das und dazu noch zehn Mark in Silber die Bewohner der Plesseburg jährlich abdrücken, um den Ort in ihrem Besitz zu behalten. Ich konnte auf die Schnelle allerdings nicht herausfinden, ob das Bier auch heute noch diese herausragende Bedeutung in Renshausen hat. Wenn das ein Insider liest und weiß, gerne eine Nachricht dazu an mich ;-).
Ground
„Im Park zu Hause", so werden die Besucher dieses herrlichen Grounds empfangen. Er befindet sich mit zwei weiteren Grounds im Prinzenpark. Prinzenpark, so nennen die Braunschweiger ihren Park, obwohl er offiziell Prinz-Albrecht-Park heißt. Und wann wurde mit der Erschaffung begonnen? Natürlich 1895, dem Jahr der Gründung des BTSV Eintracht Braunschweig. Was für ein geschichtsträchtiges Jahr! Der damalige Regent des Herzogtums Braunschweig, Prinz Albrecht, puschte die Realisierung des Parks und hat es sich damit auch redlich verdient, dass er nach ihm benannt wurde. Und ein Denkmal hat er gleich noch obendrauf dafür in seinem Park bekommen.
Das werden diejenigen Braunschweiger, die in Heimatkunde gut aufgepasst haben, vielleicht noch wissen. Aber wisst ihr auch, wer im Prinzenpark entdeckt wurde? Na … nicht? Als kleiner Popanz spielte der heutige NBA-Star Dennis Schröder im Prinzenpark Basketball. Und da wurde er entdeckt. Den Rest der Geschichte kennen die meisten. Und diese für ihn so besondere Stätte fördert er noch heute sehr. Er steckt ordentlich Patte in die Modernisierung der dortigen Freizeitsportanlagen (Basketballplatz, Skatepark, etc.).
Spiel
Letzter Spieltag in der fünfthöchsten Frauenliga. Die Messen sind nun also doch schon gesungen. Klarer Favorit sind die Gäste aus dem Göttinger Umfeld. Die waren sogar jahrelang in der Oberliga Niedersachsen. So haben sie am letzten Spieltag ihr Top-Form bewiesen und mal locker Eintracht Braunschweigs 2. mit 9:3 demontiert. Ihre Topscorerin, Linda Schwerthelm hat dabei unglaubliche 7 Dinger gemacht.
Das Spiel ging aber anders los als erwartet. Denn auch die Braunschweigerinnen haben eine gute Mittelstürmerin, nämlich Britt-Malin Biener. Die machte gleich zwei Dinger rein. Zum 1:0 und gleich zu Begin der zweiten Halbzeit zum 2:1. In der ersten Hälfte konnten die turner das Spiel recht ausgeglichen gestalten. Danach zeigte sich dann aber doch die größere Klasse der Gäste. Die bekamen zwei berechtigte Foulelfmeter zugesprochen und zweimal traf ihre Starstürmerin. Dazu gab es noch etliche Lattentreffer. Es war ein richtig munteres und abwechslungsreiches letztes Saisonspiel. Hat Spaß gemacht bei euch, Mädels!
Stimmung
Es kamen 35 Zuschauer. Davon rund die Hälfte aus Südniedersachsen. Man kannte sich und es waren alles Experten um mich herum. Schätze, dass ich der einzige Nicht-Insider war. Der Torjubel war recht ordentlich und von den Gästen durchaus lautstärker als von den Einheimischen. Auch von anderen Teams schauten Spielerinnen zu und es wurde munter geplappert. Würde mal sagen, dass das Spiel nicht gerade hochkonzentriert verfolgt wurde.
Nur einer war 100 % bei der Sache (außer mir). Der war anscheinend ein richtiger Experte. Der zweite Elfer für Renshausen brachte ihn nämlich richtig in Rage und er brüllte verzweifelt: „Das war geschindet"! Der gute Schiri nahm ihn aber trotz der Vehemenz seines Rufes nicht zurück. Der Schiri ist übrigens Kult in Braunschweig. Der Mann hat nicht nur einen imposanten Vornamen, mit „Dennis-Sascha-Stefan" (alles Onkels?), sondern auch ein ebenso imposantes 1. FC-Köln-Tattoo auf dem Unterarm. Außerdem pfeift er richtig gut und kommuniziert sehr wertschätzend mit den Spielerinnen.
Fazit
„Brachland Braunschweig", so muss ich leider den Braunschweiger Frauenfußball bezeichnen. Hier hat wohl noch niemand kapiert, dass der Frauenfußball im Kommen ist, auch wenn die Entwicklung etwas zäher ist, als viele es dachten. Das heutige Duell macht dieses Trauerspiel leider deutlich. Braunschweig hat ca. 260.000 Einwohner. Auf jeden Renshausener kommen also 720 Braunschweiger. Und wie drückt sich das beim Frauenfußball aus? Die beste Mannschaft, Eintracht Braunschweig, stieg gerade in die vierthöchste Liga ab. Deren Zweite ist in der fünfthöchsten, mit den Freien Turnern zusammen, also in der Landesliga. Und dieser zweitbeste Frauenfußballverein in Braunschweig kann nicht mal gegen das 368-Seelen-Dörfchen aus dem Süden Niedersachsens anstinken. Und diese wären eigentlich sogar noch abgestiegen aus der Landesliga, hätte sich nicht ein Team zurückgezogen*.
Was ist das nur für ein Trauerspiel in Braunschweig?
Ergänzung
*Meine nachträgliche Recherche hat ergeben, dass die Frau tatsächlich Ahnung hatte. Denn der direkte Konkurrent im Abstiegskampf, der diesen eigentlich für sich entschied, die SG Hillerse/Leiferde zieht sich freiwillig zurück. Das rettet somit die Freien Turner!
Fotos
Kommentare