Beim Grenzstein zwischen HB und KH
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- vor 5 Stunden
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Fakten
*internationaler Indikator des Fußballniveaus vergleichbar mit anderen Ligen
** Anzahl Spiele im laufenden Jahr / Anzahl Spiele insgesamt
Vorspiel
Heute ging es in den Norden von Braunschweig, in den Stadtteil Wenden. Dieser ist umrahmt von Schnellstraßen, dem Flüsschen Schunter und dem Mittellandkanal. Nach dem zweiten Weltkrieg entstand das heutige Stadtbild mit Ein- und Mehrfamilienhäusern. In einem davon hausen auch unsere Freunde, Anja und Peter mit Lucky. Wenden ist sehr, sehr alt. Der Name stammt vom reichen, wie gefürchteten Adels- und Raubrittergeschlecht "derer von Wenden", was aber inzwischen ausgestorben ist. Seit 125 Jahren gibt es dafür den FC Wenden. Am 4. Juni 1920 wurde der Fußballverein im Gasthof "Nordamerika" gegründet. Allerdings hat diese Gaststätte nicht nur solch‘ schöne Dinge erlebt. Im Gegenteil. Hier wurden Kinder aus ärmlichen Verhältnissen gesammelt. Und man "verschickte" sie von hier aus nach Nordamerika. Deshalb wurde die Gaststätte dann im Volksmund auch so genannt. in den 1990-er Jahren wurde diese geschichtsträchtige Lokalität leider geschlossen. Der FC Wenden erlebte seine besten Zeiten noch davor, in den 70-er Jahren. Fußball-Insidern der älteren Generation wird der Name Achim Bäse etwas sagen. Dieser überragende Libero der Braunschweiger Eintracht war Teil der Meistermannschaft 1967. Und dann konnte sich der FC Wenden ihn angeln, wo er satte 12 Jahre eine goldene Ära prägte (1970-1982). Es ging damit zurück in seinen Heimatverein, wo er bis 1959 kickte. Sein Spitzname: "Ackermann", was deutlich auf seinen Spielstil hinweist. Später hatte der Verein sogar einen weiteren Trainer mit großem Nanen, nämlich Rainer Zobel. Der Bundesligaprofi des FC Bayern, trainierte den Verein von 2016-2017. Er ging damit den Schritt vom Profitum (Bundesliga, Ägypten, Iran ...) zurück in den Amateurbereich, in die Kreisliga. 2020 kehrte er nochmal als Sportdirektor zurück. Auch heute trifft man ihn regelmäßig bei Spielen seines FC Wenden an.
Ganz so spektakulär war und ist es beim Gast aus Lauingen-Bornum nicht. Die beiden kleinen Orte am Elmrand, die jeder für sich keine Mannschaft voll bekommen, sind sehr ländlich geprägt. Das Highlight ist hier die Bugenhagen-Linde in Lauingen. Angeblich ist der beeindruckende Baum rund 500 Jahre alt. Er soll zur Zeit des Predigers Johannes Bugenhagen aus Lauingen, einem Kumpel von Martin Luther, gepflanzt worden sein. Für Groundhopper, die sich wie ich an solch majestätischen Bäumen erfreuen können, lohnt sich der Besuch der Linde vor der Kirche.
Ground
Direkt vor der Sportanlage befindet sich das Gelände des ehrwürdigen Braunschweiger Familienunternehmens in 6-ter Generation, dem Werkzeugbauer Perschmann. Der berühmte 6 Meter hohe Schraubenschlüssel davor ist schon ein Blickfang.
Der Ground selbst ist eigentlich unspektakulär, hat aber einen weiteren Star, neben dem Schraubenschlüssel. Der A-Platz liegt hinten und hat Rasen. Davor der B-Platz mit KR und Flutlicht, wo heute zur unüblichen Zeit, am Samstag um 16:30 Uhr gespielt wurde. Ansonsten gibt es hier kein Schnickschnack, wie Bänke, Anzeigetafel oder Stadionsprecher mit Mucke. Der Star der Anlage ist ganz klar die Gaststätte. Im Sommer eine großzügige Terasse, und zu dieser Zeit ein großer Gastraum und noch zusätzliche Räume für Gesellschaften. Auf einer großen Leinwand kannst du nebenbei gut Fußball gucken. Und das Speise- und Getränkeangebot ist beeindruckend. Es war auch das erste Mal dieses Jahr, dass ich ein Menuekarte mit Weihnachtsessen sah. Richtig schön traditionell mit Ente, Hirsch & Co. Also richtig gut zum Quälen für uns Vegetarier!
Spiel
Seit geraumer Zeit sehe ich fast nur noch Favoritensiege. Meist hielt ich aber zu den Außenseitern, naja. Heute hielt ich wieder zum Team auf dem Abstiegsplatz, den Wendenern. Der Gast spielt als Aufsteiger eine blitzsaubere Saison und ist ganz oben dabei.
Aber in den ersten 45 Minuten traten die Blau-Weißen aus Wenden recht dominant auf. Gegen Ende hatten sie noch zwei Riesenbuden, aber es sollte wohl wieder nicht sein. Nach der Pause machte es dann endlich Rums und nochmal Rums und es stand 2:0. Sollte es endlich mal wieder zum Außenseitersieg kommen? Es kam! Gegen Ende bekam das sehr faire Spiel nochmal Feuer. Der Gästetorwart lief einem Wendener entgegen und weit außerhalb des Strafraumes krachten diese zusammen, dass es nur so schepperte. Es kam zu den üblichen Tumulten und zu einer Gelb-Roten Karte für einer Labo-Spieler, da er nicht aufhörte, sich zu beschweren. Spätestens jetzt war das Ding gegessen und ich hatte endlich meinen Außenseitersieg. Und damit hievte sich der Sieger erstmal auch vom Abstiegsplatz.
Stimmung
Wir erblickten doch einige Rot-Weiß-Beschalte aus dem Elm-Vorland, vielleicht 10-20. Der Rest der rund 90 kam aus Braunschweig. Fangebahren gabs keine. Also atmosphärisch eher bescheiden hier. Negativ fielen uns einige Wendener Zuschauer auf. Der eine beleidigte und verhöhnte während der gesamten zweiten Halbzeit einen bestimmten Gästespieler. Und die Frau neben mir lachte noch immer doof dazu, war wohl eine Spielerfrau. Ein weiterer Unsportlicher war ein Wendener Ersatzspieler. Der holte den Ball vor einem Einwurf von der Seitenlinie und schob ihn nach hinten, um Zeit zu schinden. Auch wenn sowas wohl leider inzwischen schon fast Normalität geworden ist, kotzt mich das immer noch an. Da mir bei meinem letzten Besuch hier ähnliches Verhalten sehr negativ aufgefallen ist, ist der FC Wenden auf meiner Beliebtheitsskala nicht nach oben gerutscht.
Ach ja, einen hab' ich noch. Während des Spieles zogen auf der gegenüberliegenden Seite Nebelschwaden aufs Spielfeld. Ich meinte zu Uschi: Guck mal, nun ist der Herbst endgültig eingezogen. Die Schwaden waren dann immer schnell wieder weg und wieder da. Bis wir dann das Rätsel lösten. Ein E-Zigaretten-Quarzer war's, der aber sowas von Dampf in den Abendhimmel blies. Ich war etwas enttäuscht und werde also weiter auf Herbstnebel-Romantik warten müssen.
Fazit
Und nun noch zu den Grenzsteinen. Davon gibt es einige bei Wenden, insbesondere im Thuner Wald und an der Schunter. Sie markieren die Grenze zwischen dem Herzogtum Braunschweig und dem Königreich Hannover. dafür wurden HB und KH eingraviert. Die Wendener Lokalpatrioten kamen damit jedoch nicht klar und fanden neue, wesentlich passendere Bezeichnungen dafür. Für sie heißt es seit vielen Jahrzehnten nur "Herren Braunschweig - HB" und "Knechte Hannover - KH".
Fotos












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