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Chóśebuz

  • Autorenbild: Cookie
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  • 19. Sept.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Okt.


Fakten

Stadion

Stadion der Freundschaft

Ort

Cottbus

Kapazität

22.528

Datum

17.09.2025

Spiel

Energie Cottbus (7.) - Erzgebirge Aue (17.)

Ergebnis

2 : 1

Zuschauer

13.278

Liga

3.Liga

Ebene*

3

Liga (vollständig)

8 von 20

Ground - alt / Anzahl Besuche

nein

Ground - neu / Anzahl Grounds

ja / 151

Spiel in 2025 / Gesamt**

54 / 298

*internationaler Indikator des Fußballniveaus vergleichbar mit anderen Ligen

** Anzahl Spiele im laufenden Jahr / Anzahl Spiele insgesamt


Vorspiel

Englische Woche in der 3. Liga. Ich hatte die Qual der Wahl, weil ich in 13 Drittligagrounds noch nicht war. Meine Wahl fiel auf ein Ostderby. Diese kannte ich bislang nur aus der Regionalliga. Das musste dringend geändert werden. Energie Cottbus gegen Erzgebirge Aue. Ich freute mich dolle auf den Abend, zudem ich in Cottbus mit Jens einen netten Typen kenne. Der kam dann auch, fein. 

Cottbus liegt ja etwas am Arsch der Welt, kurz vor Polen. Hier wird der Sport gelebt. Sage und schreibe jeder fünfte der knapp 100 Tsd. Einwohner ist in einem Sportverein. Das ist außergewöhnlich viel. Böse könnte man sagen, was sollst du da auch sonst machen, aber das sage ich natürlich nicht. Der FC Energie ist der ganze Stolz der Stadt. Insbesondere ihre Zeit in der Bundesliga (zwei mal drei Saisons). Unvergessen bis in alle Ewigkeit wird der 2:0-Sieg gegen den FC Bayern aus 2008 bleiben. 

Der Gast aus Aue ist ebenfalls der ganze Stolz der Stadt. Nur 19 Tsd. Einwohner aber seit vielen Jahren in der 2. oder 3. Liga vertreten. Das ist schon beeindruckend. Die "Wir kommen aus dem Schacht"-Trikots weisen auf das andere hin, für was Aue steht, den Bergbau. Ich vernachlässige hier mal die Räuschormännl.

Meine Anreise erfolgte mit den RB. Eine vernünftige Verbindung gibt es da nicht. So ging es hin über Frankfurt/Oder und zurück über Leipzig. Mit 6 1/2 Stunden bist du dann dabei. Aber als Rentner hast du ja vor allem eines im Überfluss: Zeit! Und ich genieße immer den Blick aus dem Fenster in die mir oft unbekannte Gegend. Weniger die oftmals harte Regionalbahn-Klientel. Dieses Mal schrie erstmal eine vollkommen unerzogene Göre stundenlang wie von Sinnen. Im letzten Abschnitt saß mir dann wohl auch noch eine Irre gegenüber. Die führte Selbstgespräche und fiel außerdem durch mehrfaches schrilles Juchzen auf. Eigentlich versuchte ich sie zu ignorieren. Als ich doch mal zu ihr blickte, dankte sie es mir mit einem bohrenden wie starren Blick. Ich hatte leichte Muffe. Abenteuer Bahn eben :-). 

Gegen Ende der Reise wurde es nochmal spannend. Erst stand Frankfurt/Oder auf polnisch auf den Schildern. Und in Cottbus hieß es zusätzlich Chóśebuz. Das hört sich zwar ebenfalls polnisch an, ist aber sorbisch. Und es ist ein großes Glück, dass das hier so steht. Denn fast wäre das Sorbische ausgerottet worden. Die Nazis haben die Sprache und das sorbische Brauchtum verboten. Und in der DDR wurde es ignoriert. Ein Glück, dass wir dann noch die Kurve bekommen haben.


Ground

Auf den Ground war ich sehr gespannt. Es sollte ja so eine enge Bude mit Flair sein. Ist es auch. Hin ging es mit dem Bus und es folgte ein kleiner Fußmarsch, da das Stadion mit den Öffentlichen nur mittelmäßig gut zu erreichen ist. Kurz vor dem Stadion musste man über eine Fußgängerbrücke. Und von da oben hatte man einen imposanten Blick auf den Stadionvorplatz, wo sich viele in rot und weiß schon Bier und Wurst schmecken ließen. Dann rein ins gute Stück. Auch wenn ich inzwischen Vegetarier bin, konnte ich der Versuchung einer Currywurst dort heute nicht widerstehen. Sie duftet zu lecker und war es auch. Sie war richtig gut gegrillt und schwamm in einer köstlichen Sauce. Note 1. 

Das Stadion hat durchaus Charme. Es ist schön eng und man sitzt dicht am Spielfeld. Was außergewöhnlich ist, ist die Großzügigkeit bei den Sitzplätzen. Es ist viel Platz zwischen den Sitzen und auch zwischen den Reihen. Habe ich in der Form fast noch nie gesehen. Das Stadion hat die Größe des Eintracht-Stadions mit 22.528 Plätzen, also eine vertraute Größe für mich. Was man nicht sehen kann, ist, dass die Bude wohl trotz aller Renovierungsarbeiten der letzten Jahre in vielen Punkten immer noch lange nicht zweitligatauglich ist. 

Geil ist auch der Stadionname "Stadion der Freundschaft". Zu DDR-Zeiten gab es eine ganze Reihe von Stadien, die so hießen. Und nicht nur in der DDR, sondern auch in Polen und der CSSR war dies ein gängiger Name. Es sollte damit die Freundschaft zu den befreundeten sozialistischen Nachbarländern unterstrichen werden. 


Spiel

Das Spiel versprach einiges. Energie mit frischen Selbstvertrauen nach Auswärtssieg und Erzgebirge mit Grottenstart und auf einem Abstiegsplatz. Und dann legte die Heimelf auch gleich los wie die Feuerwehr. Bevor Aue mal den Ball richtig hatte, musste ihn Männel schon aus dem Netz holen. Und weiter überrannten die Cottbuser den Gast, so dass einem angst und bange für Aue werden konnte. Und auf einmal hieß es 1:1. Und dann kippte das Spiel. Es entwickelte sich ein richtig packendes Spiel. Mal waren die einen, mal die anderen am Drücker. Und Aue machte das richtig gut. Dann kam die 67. Minute und der Elfmeterpfiff. Cigerci verwandelte eiskalt. Davon erholte sich Erzgebirge nicht mehr richtig. Komischerweise blieb auch die Schlussoffensive aus. Cottbus wirkte konditionsstärker. Im Nachhinein war zu lesen, dass es wohl kein Elfer war. Das ist natürlich echt übel, gerade wenn dir das Wasser sowieso schon bis zum Hals steht. Der absolut beste Mann war Cigerci. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an seinen Aktionen. Weshalb spielt der denn nicht 2. Bundesliga? Brasilianische Ballbehandlung, überbordender Spielwitz, gepaart mit robuster Körperlichkeit. Wahnsinn, der Typ!

Ein einzigartiges Schauspiel war auch der Trainervergleich. Rechts Pele Wollitz, angespannt wie ein Flitzebogen tigerte er vor seiner Bank herum. Links Jens Härtel, schlaff, wie ein nasser, Sack schlich er mit den Händen in den Hosentaschen herum. Manchmal verschränkte er sie auch hinter dem Rücken und wirkte dann wie die Pausehofaufsicht in der Sekundarstufe1. Zumindest wirkt Jensi ganzheitlich stimmig, denn er spricht ja auch so, wie er sich bewegt. 


Stimmung

Die Stimmung war so gut, wie ich sie mir erhofft hatte. Die Lautstärke kommt in dem engen Teil richtig gut zur Geltung. Und sie haben eine richtig geile Hymne, die das Volk gleich richtig in Wallung bringt. Dazu tritt eine ganze Armada an Fahnenschwenkern an und sorgen für optische Reize. Was abging als gleich das Tor fiel, das könnt ihr euch bestimmt vorstellen. Hammer! Und noch etwas geschah, was ich in der Form noch niemals gesehen habe. Die Fankurve wackelte durchs Hüpfen dermaßen, dass du das am oberen Rand vor den Bäumen richtig dolle gesehen hast. Da konnte einem wirklich mulmig werden bei dem Anblick. Richtig beeindruckend waren aber auch die Erzgebirge-Fans. Sie supporteten in einem durch. Und nach dem Abpfiff feierten sie ihre Mannen auch noch grandios. Wow!


Fazit

Nach dem Spiel fuhren Jens (also nicht Jens, der Schlaffi) und ich noch in mein Hotel Zur Sonne, um bei ein paar Bieren das Spiel und das Drumherum zu besprechen. Ich höre sowas immer sehr gerne und Jens sowie der nette Gastwirt erzählten viel über ihre Stadt. Natürlich kamen sie auch auf "Ihr Problem", die rechte Szene, zu sprechen. Es kann einem schon leidtun, zu hören, dass viele hier deshalb nicht studieren wollen und viele junge Leute deshalb wegziehen, weil sie einen 30-Prozent-Anteil Rechter nicht ertragen. Ich habe davon erstaunlicherweise bei meinem Besuch nichts gemerkt. Aber man kann davon ausgehen, dass in ihrer Fankurve nicht 30%, sondern eher 50-70% von dem rechten Gesindel war. Und zu allem Unglück las ich dann noch, dass Cottbuser Aue-Fans auf einem Parkplatz überfallen und verprügelt und ihnen die Fahnen gestohlen haben. Das hat dann leider meinen so guten Eindruck von dem schönen Tag in Cottbus etwas zunichte gemacht - sehr schade!



Fotos

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