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Respekt, Sportclub Verl!

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  • 3. Okt.
  • 5 Min. Lesezeit

Fakten

Stadion

Sportclub Arena

Ort

Verl

Kapazität

5.001

Datum

1.10.2025

Spiel

SC Verl (8.) - FC Ingolstadt (16.)

Ergebnis

2 : 2

Zuschauer

2.753

Liga

3.Liga

Ebene*

3

Liga (vollständig)

9 von 20

Ground - alt / Anzahl Besuche

nein

Ground - neu / Anzahl Grounds

ja / 153

Spiel in 2025 / Gesamt**

57 /301

*internationaler Indikator des Fußballniveaus vergleichbar mit anderen Ligen

** Anzahl Spiele im laufenden Jahr / Anzahl Spiele insgesamt

 

Vorspiel

Englische Woche und der Rentner hat Zeit - herrlich. Erstmal wählen zwischen 3. Liga und Regionalliga Nord. Die halbe 3. Liga spielt ja im Süden der Republik und das ist für nen Norddeutschen ein ziemlicher Stiefel. Aber es gibt ja noch Verl, wo ich noch nie war und kaum weiß, wo es liegt. Nun weiß ich es: im Bermuda-Dreieck "Gütersloh - Bielefeld - Paderborn". Verl hat zwar nur 26 Tsd. Einwohner, aber dafür sage und schreibe 6 Bäche und 12 Brieftaubenzuchtvereine!

Der heutige Gast kommt aus Ingolstadt. Ingolstadt ist zwar viel größer als Verl, jedoch auch nicht gerade ein Magnet für die Auswärtigen. So gut wie jede bayrische Großstadt zieht die Touristen in rauen Mengen an. Aber nur so gut wie jede, denn es gibt eine Ausnahme: Ingolstadt. Und 12 Brieftaubenzuchtvereine haben sie da auch nicht. Aber mit Audi natürlich einen Großkonzern und Sponsor in der Hinterhand, der den Verein im Profifußball hält. 

Und jeder Braunschweiger liebt den Verein sowieso. Und zwar seit Sommer 2013. Da schlenzte Eintracht Braunschweigs Fußballgott, Damir Vrancic kurz vor Schuss einen Freistoß in den Triangel. Dieser Treffer bescherte uns nach zig Jahren des Darbens die lang herbeigesehnte Rückkehr in die Bundesliga. 

So setzte ich mich Mittwochvormittag in die Bahn und kutschierte mit dem Deutschland-Ticket bequem Richtung Ostwestfalen. Die Herbstsonne lachte aus allen Löchern. Sowas genieße ich immer sehr. Hatte zwar die 11-Freunde dabei, aber ich schaute dann doch mehr aus dem Fenster. Die monumentale Porta Westfalica zum Beispiel siehst du ja auch nicht jeden Tag. Dann noch mit dem Bus zum Hotel, ein wenig Siesta und ab geht es zum Ground!


Ground

Jedes Mal, wenn ein Spiel des SC Verl im Fernsehen übertragen wurde, erfreute ich mich an der kleinen, aber stylisch geschwungenen Tribüne des Stadions. Und dachte immer, da musst du mal hin. Und nun ist es endlich so weit. 

Früh los ging es, damit ich noch das Flair genießen konnte. Niedlich war schon der Anreiseverkehr beim Spaziergang vom Busbahnhof zur Sportclub Arena. Gedrängel Fehlanzeige, sondern eher etwas wie beim Sonntagsspaziergang im Naherholungsgebiet. 

Es ist eben auch mit 5.001 Zuschauer Fassungskapazität das kleinste Stadion der drei Profiligen. Bis zur Saison 2021/2022 waren noch 10.000 Plätze Voraussetzung. Etwas geärgert habe ich mich dann, als ich bemerkte, dass ich auf der schönen Tribüne saß und sie ja dadurch nicht genießen konnte. Ich bin eben noch Hopper-Nachwuchs und entwicklungsfähig. Aber erstmal rein und Abendbrot essen. Ein schmackhaftes veganes Schnitzelbrötchen wurde mir von einer netten Dame gereicht. Ich glaube ihre Freundlichkeit rührte auch von einer Spur Mitleid her, dass der arme Kerl nichts Richtiges zu beißen kriegt. Gegenüber war eine Tafel mit den Grundsätzen des Vereines an die Wand, genagelt, doch dazu später mehr. Das Stadion hat mich beim Betreten sofort in seinen Bann gezogen. Diese schnuckelige Größe, herrlich. Es gibt nur 5 Sitzreihen. Das bedeutet, dass niemand der Zuschauer mehr als 15 Meter von der Seitenlinie entfernt ist - so geil. Und ich saß sogar in Reihe 2. Nun zum nächsten absoluten Hammer der Arena: Es gibt hier die längste Theke aller deutscher Fußballstadien. Sage und schreibe 65.2 Meter lang ist dieses Prunkstück. Und bestückt ist sie mit Barhockern. Ist das nicht der Hammer? Ansonsten weist der Ground 4 etwa gleich hohe Tribünen auf. Hinter jedem Tor Stehplätze für einen Verein. Und an den Geraden die Sitzplätze. Alles ist in schickem Schwarz-Weiß, ihren Vereinsfarben gehalten. Relativ groß empfand ich den VIP-Teil lins von meinem Platz. Aber irgendwo muss die Kohle ja herkommen. Es ist sowieso schon ein Wunder, dass sich der Verein schon so lange in der 3. Liga halten kann. 


Spiel

Aus mehreren Gründen war das Spiel für mich etwas Besonders. Und das lag nicht an der Tabellenkonstellation. Wobei auch die für Zündstoff sorgen könnte. Die Verler, der ewige Abstiegskandidat, startete mal wieder ausgesprochen gut. Und der Absteiger aus der 2. Bundesliga total grottig. Ich finde es so gut, dass die Bajuwaren der erste Verein sind, der mit Sabrina Wittmann, eine Frau als Trainerin eines Profivereines hat. Aber nach dem schlechten Start steht sie natürlich bereits wieder unter Beschuss. Die sind alle so beknackt, die Funktionäre! Und bei Verl spielen zwei meiner Ex-Braunschweiger Lieblinge: Yari Otto (4 Jahre) und Niko Kijewski (10 Jahre). Beides sind ausgesprochen sympathische Typen. Ich freute mich schon richtig auf sie. Und dann: Oh nein, beide nicht in der Startelf. So ein Mist. 

Das Spiel begann mit klarer Dominanz der Verler. Und diese wurde in der 11. Minute auch gleich mit der Führung belohnt. Und die Heimelf machte munter weiter Druck nach vorne. Ingolstadt war einfach nur blass. Nach der Pause ein umgekehrtes Bild Wittmann muss die richtigen Worte gefunden haben. Erst versagten aber noch einem Ingolstädter bei einen Bockmist-Rückpass eines Verlers total die Nerven. Aber Verl bettelte unbeeindruckt weiter um den Ausgleich. Und kurz nachdem wenigstens Otto endlich eingewechselt wurde, wurde ihr Betteln endlich belohnt: Ausgleich. Dann ein Hin und Her und Kiwi Kijewski kam endlich auch. Und siehe da, Flanke Yari und 2:1 kurz vor Schluss. Die Feierlichkeiten fielen aber wohl doch zu heftig aus und der Gast macht noch im Siegestaumel in der Nachspielzeit den verdienten Ausgleich. Ob das für Sabrina Wittmann reicht? Ich hoffe es!


Stimmung

Ich würde die Stimmung als familiär und äußerst angenehm bezeichnen. Das Stadion war mit 2.753 Zuschauern halb voll. Insbesondere der Gästebereich, die Südtribüne war nur mit ca. 30-40 Gästen "gefüllt". Erstmal wurde aber vorab die 90-jährige Anna geehrt, die ihren Ehrentag natürlich heute in der Sportclub Arena verbrachte. Und Anna ist auch sonst noch fast jedes Heimspiel dabei. Hut ab! Danach dachte ich: Was ist denn hier los? Denn ca. 20 Minuten vor Spielbeginn waren kaum 100 Zuschauer da. Aber dann kamen ja noch ein paar. Der Besuch entsprach heute dem Durchschnitt hier. Immerhin gibt es damit noch drei Clubs mit noch weniger Besuchern. Und ich hatte das Glück neben einem netten Verler Fanpaar zu sitzen, die sich nur wunderten, dass ich mir laufend Notizen machte. Vor dem Spiel gab es dann ein weiteres Schmankerl. Auf einmal ging das Licht im Stadion aus. Ich befürchtete erst den nächsten Flutlichtausfall. Aber dann wurde das Vereinslied gespielt und siehe da, alle Funzeln im Stadion inkl. Flutlicht ruckten und zuckten rhythmisch zur Melodie. Und auch zum Einlaufen der Teams knallten sie die Lichtorgel gleich noch mal an. Ich fühlte mich ein wenig wie in der American Soccer League. Und das in der tiefsten Provinz - cool!


Fazit

Ein weiteres, und zwar mein schönstes Erlebnis in Verl habe ich mir aber für den Schluss aufgehoben. An mehreren Stellen im Stadion hängen Tafeln mit den Werten und Leitlinien des Vereines. Neben sportlichen Werten wird auch auf soziale Werte eingegangen. Ich dachte erst, naja, liest sich gut, aber es sind bestimmt wieder nur hohle Phrasen. Dann verletzte sich der Ingolstädter Keeper und musste ausgewechselt werden. Ich rechnete mit der leider so miesen, wie üblichen Häme und dem Krakelen nach einem Hubschraubereinsatz. Denn so ist es ja inzwischen in fast allen Stadien, in denen die Prolls die Vorherrschaft haben. Und was geschieht in Verl? Die Verler Zuschauer applaudieren dem Goalie aufmunternd zu, als er den Platz betritt. Da wurde mir warm ums Herz. In den Leitlinien heißt es: "Wir leben Respekt und Fairplay". Und ich weiß nun, dass die Menschen es hier damit ernst nehmen.

Respekt, Sportclub Verl!


Fotos

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