Das Kussverbot
- Cookie

- 1. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Okt.
Fakten
*internationaler Indikator des Fußballniveaus vergleichbar mit anderen Ligen
** Anzahl Spiele im laufenden Jahr / Anzahl Spiele insgesamt
Vorspiel
Samstagabend gingen Uschi und ich nochmal die vielen interessanten Möglichkeiten des Sonntags-Hoppens durch. Unsere Wahl fiel auf das sportlich und fantechnisch knackigste Duell. Der Kultclub Göttingen 05 gastiert mal wieder im ungeliebten Braunschweig. Eigentlich müssten sie die Vereine der Städte lieben, denn Braunschweig und Göttingen verbindet ihr Hang zum ungezügelten Alkoholgenuss. In Braunschweig gibt es drei Brauereien. Diese werden seit Jahrzehnten von trinkfesten Menschen am Leben gehalten. Die National-Jürgens-Brauerei, Feldschlößchen und Wolters konkurrieren um die Gunst ihrer Brenner. Und in Göttingen gehören Saufgelage seit Jahrhunderten zum Alltag, wie die Vorlesungen zwischendurch. Anekdoten gibt es zuhauf darüber. Ein Beispiel dafür ist das bis heute in Ehren gehaltene Bismarckhäuschen. Hierhin wurde der Jurastudent Otto von Bismarck verbannt, weil er seine exzessiven Trinkgelage und Duelle nicht einstellen wollte. Auch ein Groundhopper, namens Cookie, kämpfte in beiden seiner Wohnorte maßgeblich erbittert gegen das Brauereisterben an.
Ground
Zum bekannten und mehrfach beschriebenen herrlichen Ground ging es den kurzen Weg wieder mit den Rädern. Die inzwischen bald herbstliche Sonne lachte aus allen Knopflöchern. Und nach der Begrüßung von Curre und Grimmi gab es erstmal ein Willkommengetränk auf der leicht erhöht gelegenen Terrasse. Es wurden ordentlich Neuigkeiten ausgetauscht und flugs ging es auch schon zum Spielbeginn an die Bande.
Spiel
Die Turner haben unter ihrem Neu-Coach, dem Schulleiter Julian Runzer, einen Traumstart in die Saison hingelegt (7 Punkte aus 3 Spielen). Das hätte ich nicht erwartet. Göttingen 05 mit 6 Punkten auch ok. Es war also gerichtet für ein packendes Duell. Die Turner wollen irgendwann mal wieder in die Oberliga und Göttingen wie jedes Jahr möglichst sofort. Aber erstmal wurden Expertentipps abgegeben: Uschi, Grimmi, Rainer (2:1), Curre (2:2). Preis: Ruhm und Ehre. Und es ging gleich mal richtig flott los mit der Führung der Braun-Weißen in der 6. Minute durch den Abwehrhünen Gerlof. Aber was machen die Turner denn danach? Nix mehr. Das kann doch nicht gut gehen. Ging es auch nicht. Mit Dusel blieb es immerhin bis kurz vor der Halbzeit bei der unverdienten Führung. Dann knack, knack und das Spiel war gedreht. Das zweite Schwarz-Gelbe Tor machte auch noch Chandra (Spitzname "Sandra"), der im Prinzenpark noch sehr beliebte Ex-Turner, mit einem Bilderbuch-Kopfballtor. FT kam glimpflich davon. Aber der Herr Schulleiter muss in der Pause pädagogisch wertvolle Worte gewählt haben. Endlich wehrten sich seine Mannen und wurden bissig. Das wurde in der 77. Minute mit dem 2:2 belohnt. Und dann warf Göttingen alles nach vorne. Die Braunschweiger wackelten bedenklich. Aber mit einer gehörigen Portion Dusel hielten sie den unverdienten Punkt fest. Die Gäste dagegen ließen sich frustriert auf den Boden fallen. Curre, der Tipp-Fuchs, grinste zufrieden, denn Ruhm und Ehre gebührten mit dem 2:2 ihm
Stimmung
So richtig viele Zuschauer kommen komischerweise meistens nicht ins Freie-Turner-Stadion. Mit 270 Gästen machte das heute schon was her. Ganz komisch war es, dass 10 Minuten vor dem Anpfiff erst 60-70 Hanseln da waren. Herrlich wieder die stimmungsvollen Gäste, die ihre Jungs regelmäßig zu den Auswärtsspielen begleiten. In voller Montur, mit Fahnen und ordentlich Bier in den Rucksäcken (siehe oben zur Trinkkultur dort). Wie immer supporteten sie in bester Manier mit diversen Gesängen über 90 Minuten ihr Team. Ein paar Worte zur Vorgeschichte muss ich machen. Das Spiel wurde von Samstag kurzfristig auf Sonntag verlegt. Der Grund: Die Braunschweiger Polizei befürchtete, dass Eintracht-"Fans" nach dem Heimspiel gegen Bielefeld in den Prinzenpark wollten, um Göttinger zu vermoppen. Vielleicht war das genau richtig, denn es blieb alles ruhig und es waren keine blau-gelben Idioten da. Woher kommt denn diese Feindschaft? Man sagt, dass sich die Fanlager nicht grün sind, weil in Göttingen eher die Linken und in Braunschweig eher die Rechten vertreten sind. Bereits 2016 eskalierte der Konflikt. Die "Boys Braunschweig" klauten ein Banner der Göttinger und stellten es danach in Wolfenbüttel zur Schau. Solch ein Bannerklau ist unter Fanlagern die Höchststrafe. Am 6. April 2025 kam es bei einem Spiel zwischen 05 und Eintracht in Salzgitter-Bad zu brutalen Schlägereien. Die Polizei war massiv gefragt, um das zu beenden. Abartig!
Fazit
Das Thema "Trinken" hatten wir schon. Kommen wir zum nächsten, dem "Küssen". Richtigerweise müsste es heißen "Trinken und Küssen". Viele Niedersachsen kennen bestimmt das meistgeküsste Mädchen der Welt. Es ist das Göttinger Gänseliesel. Das Mädel thront in Jugendstilmanier vor dem Alten Rathaus. Seit 1901 war es Sitte, dass jeder frisch Immatrikulierte die junge Dame unter lautem Gejohle seiner Kumpels küsste. Aber viele andere Heißdüsen wollten sie auch haben. Das Ganze uferte dann etwas, naja eher etwas heftig, aus. Alle wollten das Gänseliesel küssen. Sie taten es und da sind wir wieder beim Thema, unter heftigstem Alkoholeinfluss. Breit wie die Haubitzen gröhlten sie dabei Nacht für Nacht in der Innenstadt. In der Presse wurde von Massenkussgelagen, exzessivem Alkoholgenuss, heftigstem Lärm und vielen beschädigten Laternen berichtet. Muss ich noch mehr Werbung für Göttingen als Studienort machen? Der ganze Spaß dauerte aber nur ein Vierteljahrhundert, denn 1926 machte die Stadt ihm ein Ende. Es erließ das berühmte Kussverbot, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Immerhin erstritten dann die Studenten eine Ausnahme. Nach der Verleihung der Doktorwürde darf das Gänseliesel wieder geküsst werden. Aber das Kussverbot an sich ist bis heute leider gültig!
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